Sie arbeiten an einem Thema, das Sie interessiert, und plötzlich erwischen Sie sich dabei, wie Sie auch privat Artikel dazu lesen oder die Fakten bis ins kleinste Detail recherchieren. Sie wollen es genau wissen. Auch in Ihrer Freizeit unterhalten Sie sich angeregt mit Freunden über Ihr neues Thema. Der Austausch macht Ihnen Spaß.
Oder vielleicht haben Sie bei der Arbeit ein neues Projekt übertragen bekommen, das einen größeren Verantwortungsbereich umfasst und bei dem Sie endlich mehr Entscheidungsspielraum haben als sonst. Obwohl Sie die neue Herausforderung etwas nervös macht, können Sie es kaum abwarten, sich an die Arbeit zu machen. Bereits vor Projektbeginn haben Sie viele Ideen zur Durchführung und Gestaltung.
Falls Sie sich in den Beispielen wiedererkennen: Herzlichen Glückwunsch! Sie sind motiviert!
Und idealerweise sind nicht nur Sie, sondern auch Ihre Beschäftigten bei der Arbeit motiviert. Denn motivierte Angestellte arbeiten in der Regel produktiver, konzentrierter, sind innovativer und weniger krank. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungs- und Beratungsunternehmens Gallup1 fehlen hoch motivierte Beschäftigte im Durchschnitt 5 Tage weniger pro Jahr als ihre Kolleg:innen.
Kurz gesagt: Die Motivation von Angestellten ist essenziell, da sie ein entscheidender Faktor bei der Erreichung von Unternehmenszielen ist. Sie bestimmt maßgeblich über Produktivität, Kreativität und Zielorientierung bei der Arbeit und dadurch auch über Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit. Trotz der großen Bedeutung von Mitarbeiter:innenmotivation müssen selbst erfahrende Führungskräfte diese immer wieder aufs Neue lernen, anwenden und weiterentwickeln. Denn nicht immer gelingt die Motivation mit Leichtigkeit.
Extrinsische und intrinsische Motivation
Das Gehalt, ein Bonus, eine Beförderung, Firmenrabatte, das Jobticket, der Kita-Zuschuss oder der Firmenwagen motivieren Beschäftigte, jedoch nur sehr kurzfristig (extrinsische Motivation). Für eine nachhaltige Motivation ist es wichtig, innere Anreize zu schaffen (intrinsische Motivation). Immaterielle Faktoren wie eine gute Stimmung im Team, Wertschätzung, Anerkennung und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung spielen eine wichtige Rolle bei der Motivation. Beispielsweise gaben laut einer Umfrage2 52% der Befragten an, dass ihnen ein gutes Verhältnis zu Kolleg:innen am wichtigsten ist.
Als intrinsische Motivation wird die aus sich selbst entstehende Motivation bezeichnet. Sie wird auch als der innere Antrieb, richtig zu handeln, das Streben nach Selbstkontrolle und die Autonomie bei der Verfolgung eines Ziels definiert. Wer intrinsisch motiviert ist, übt eine Tätigkeit aus, weil er sie interessant findet, grundsätzlich Spaß daran hat und/oder sie als besonders sinnvoll empfindet. Erfolgreiche intrinsische Motivation ist auch das Ergebnis der Erfüllung der Grundbedürfnisse, zu denen unter anderem das Bedürfnis nach sozialer Bindung und Sicherheit gehört.
Motivation ist individuell
Für jede Form der Motivation ist wichtig, dass sie individuell auf die Bedürfnisse der Beschäftigten zugeschnitten wird. Während beispielsweise jüngere Angestellte in der Regel gezielt gefördert werden wollen, um sich und ihre Skills weiterzuentwickeln, spielt für ältere Beschäftigte oft die Sicherheit des Arbeitsplatzes eine wichtige Rolle. Es kann sein, dass einigen Beschäftigten die Option auf Homeoffice besonders wichtig ist, während andere eher Wert auf Weiterbildungsmöglichkeiten legen. Wiederum andere Beschäftigte fühlen sich durch größere Verantwortung und Freiheiten motiviert und manchen ist Wertschätzung besonders wichtig.
Motivatoren von Beschäftigten erkunden
Um mehr über die Motivation Ihrer Beschäftigten zu erfahren, bietet sich grundsätzlich das persönliche Gespräch an. Diese Gespräche müssen nicht immer viel Zeit in Anspruch nehmen, aber sie sind eine gute Möglichkeit, um herauszufinden, welche Bedürfnisse Ihre Angestellten derzeit haben, was sie antreibt und begeistert und wie es ihnen gerade beruflich geht. Im Folgenden finden Sie einige Fragen, die zum Erkunden der Motivation dienen können. Denn nach wie vor gilt: Fragen kostet nichts!
- Was ist Ihnen bei Ihrer täglichen Arbeit wichtig?
- Wovon wünschen Sie sich mehr oder weniger?
- Wie empfinden Sie die Stimmung im Team und wie zufrieden sind Sie damit?
- Wie empfinden Sie die Möglichkeiten des Austauschs mit Kolleg:innen und mit mir als Führungskraft?
- Sind Ihre Arbeitsanforderungen klar genug definiert? Sind Sie mit Ihren Arbeitsanforderungen zufrieden?
- Wünschen Sie sich mehr oder weniger Abwechslung in Ihrer Tätigkeit?
- Wünschen Sie sich mehr oder weniger Verantwortung?
- Erfahren Sie ausreichend Wertschätzung für Ihre Arbeit oder wünschen Sie sich mehr davon?
- Durch welche strukturellen Veränderungen sehen Sie sich beeinflusst? Was brauchen Sie, um diese gut bewältigen zu können?
- Kann ich als Führungskraft etwas dazu beitragen, dass Sie im Arbeitsalltag zufriedener sind?
Über ein persönliches Gespräch erfahren Sie nicht nur mehr über die Motivation Ihrer Beschäftigten, sondern Sie fördern durch das ehrlich gemeinte Interesse auch die Bindung zu Ihren Mitarbeiter:innen. Nicht zuletzt ist die emotionale Bindung an das Unternehmen ebenfalls ein bedeutsamer Faktor für die Motivation. Egal in welchem Rahmen Sie das Gespräch führen, wichtig ist, dass Sie das Gesagte ernst meinen und authentisch sind. Mitarbeiter:innenmotivation beginnt immer auch bei der Führungskraft.
Autorin: Dr. Anna-Lena Ehmsen, Psychologin, M.Sc.